Ex-Bundesliga-Profi Thomas Hitzlsperger. Foto: calciostreaming/flickr
Schwulsein beim Männerfußball ist noch längst keine Normalität. Wann outet sich der erste Hansa-Spieler als homosexuell, fragt sich unser Autor Mulle Musch.
Liebe Leser, liebe Freunde, liebe Rostocker, ja, es ist an der Zeit, ja, auch ich bin homosexuell.
Und nach dem völlig überraschendem Outing des deutschen Fußballprofis Thomas Hitzlsperger kann auch mein Bekenntnis niemanden mehr erschüttern.
Oh ja. Im deutschem Fußball gibt es Homosexuelle! Aber nur bei den Fußball-Rentnern. Denn wie wir ja alle wissen, kommt die Pubertät meist erst mit 31 Jahren. Und selbst dann ist es selbstverständlich eine Ausnahme.
Schwul und Eiskunstläufer? Sicherlich! Schwul und Balletttänzer? Ganz klar! Aber Fußball? Niemals!
Es läuft doch nicht etwa eine „Schwuchtel“ 90 Minuten einem Ball hinterher – nein, denn das tun nur echte Männer. Männer die Bienen kauen und sich Brust- und Schamhaar stehen lassen.
Und genau deswegen lassen wir auch die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar statt finden. In einem Land, in dem Homosexuelle aufgefordert werden, auf Sex zu verzichten. Wahrscheinlich kommt der erste Anstoß in Katar höchstpersönlich von Wladimir Putin, der Homosexualität in Sotschi ebenfalls nicht zulässt.
Endlich eine Gemeinsamkeit bei den Olympischen Winterspielen und der Fußball-WM.
Doch zurück nach Deutschland.
Herr Hitzlsperger hat genau den richtigen Zeitpunkt getroffen, jedenfalls von der Öffentlichkeitsarbeit gesehen. Persönlich musste er ja die letzten 20 Jahre im Schrank leben.
Etwa zehn Prozent der Männer fühlen sich vom eigenen Geschlecht angezogen. (Dies ist die doppelte Anzahl als die FDP Wähler hat – lieben Gruß an dieser Stelle an Herrn Hans Ulrich Rülke).
Schauen wir uns einmal in unseren eigenen Fußball-Vereinen um, zum Beispiel beim FC Hansa Rostock und gehen nach Statistik. Bei einem Kader von 25 Mann sind also ungefährt 2,5 interessiert am eigenen Geschlecht.
Ui, was ein Spaß! Zwei Schwule und ein Bisexueller. Statistik halt…
Na dann warten wir mal gespannt auf das erste Outing aus unserem Verein. Aber sicherlich erst nach dem Pubertätseintritt ab 30 Jahren. Und dann dürfen wir eventuell auch einmal in den offenen Spalt der Duschkabinen blicken.
Im Idealfall sollte die sexuelle Orientierung im Sport keine Rolle spielen. Doch dies ist wohl noch ein langer Weg. Und somit hoffe ich auf weitere Outings im Profisport – denn nicht die Leistung im Bett bringt bei diesen Wettkämpfen den Sieg.
Maik
13. Januar 2014 um 15:43
Sehr geehrter Herr Musch,
herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Outing. Resekt auch hierfür, obwohl es eigentlich nichts ungewöhnliches sein sollte, eine Banalität, vielleicht sollte es auch unbedeutend und mit einem Achselzucken in unserer Gesellschaft kommentiert werden. „Mir doch egal“. Denn wie Sie schreiben, es sollte nach Leistung auf dem Platz beurteilt werden.
Wenn sich ein Journalist outet, oder ein normaler Mensch, annonym, ohne Fokus der Öffentlichkeit, ist es der Allgemeinheit doch egal.
Ich finde es jedoch schade, dass Sie sich mit Fußballspielern vergleichen, deren Sexualität sich mit Eintritt in den Profibereich sicherlich entwickelt hat, nicht jedoch die Persönlichkeit.
Wieso sollte ein junger Mann mit Anfang 20, der gerade den wichtigen Schritt im Berufsleben macht und hier auf wackeligen Beinen steht, sich eine andere – ich nenne es Mehrbelastung oder Baustelle- aufmachen. Er hat mit seiner Berufswahl genug zu tun, steht im Blickpunkt der Öffentlichkeit und dann fordern Sie ihn auf sich zu outen?
Sich für einige wenige Teile der Gesellschaft vielleicht angreifbar zu machen. Sich innerhalb der Mannschaft anders zu präsentieren. Nicht weil er eine andere sexuelle Neigung hat, sondern weil er diese auch öffentlich macht.
Damit heißt es dann vielleicht intern nach schlechten Leistungen „der spielt nur weil er sich öffentlich geoutet hat“. In der Presse – Kollegen von Ihnen – nutzen das Thema vielleicht um Schlagzeilen zu produzieren die gar nicht stimmen „FCH Trainer platziert XXX auf die Tribüne – warum hat er was gegen Schwule??“
Lange Rede, kurzer Sinn: Sexuelle Orientierung ist doch Privatsache. Mir persönlich ist egal, welche Orientierung mein Kollege hat. Solange er seine Arbeit macht und wir gut miteinander auskommen ist doch perfekt. Genauso sollte es auch im Profibereich sein.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin nicht gegen Outings. Im engen, privaten Umfeld kann man sowas machen. Oder wenn man als Mensch, der in der Öffentlichkeit etwas bewegen will, wie Westerwelle oder jetzt Hitzlsberger.
Hitzlsbergers Wahl auf die Zeit nach der Karriere war meiner Meinung nach von ähnlichen Gesichtspunkten geprägt. Er wollte eine Diskussion anregen, sich jedoch nicht innerhalb seiner Mannschaft hervorheben. Und so kann er auch was bewegen.
Daher finde ich Ihren Artikel, gelinde gesagt, eines Journalisten nicht würdig. Mit dem offensichtlichen Sarkasmus (bezogen auf Pubertät) wäre er höchstens auf den hinteren Seiten der Zeitung mit den 4 großen Buchstaben zu finden, als Leserkommentar. Für Sie ja vielleicht ein Karrieresprung – eine großartige Leistung jedenfalls ist es nicht!