Von ULF LUSCHAS
Rostock gegen Schwerin- für alle Handballfans in Mecklenburg-Vorpommern ist das eine Spielpaarung, die das Herz höher schlagen lässt. Das wahrscheinlich (vorerst) letzte Kräftemessen zwischen den Männerteams, Empor und Post, ereignete sich am Sonntagnachmittag in der Rostocker Stadthalle. Der HCE gewann mit 26:25.
Vom Spiel der Zweitligamänner leider etwas überschattet fand fast zeitgleich auch das alte Duell „Hanse- gegen Landeshauptstadt“ in der 3. Liga Ost der Damen zwischen dem SV Grün Weiß Schwerin und dem Rostocker HC statt. Hier unterlagen die Gäste von der Ostsee dem SV GW nach großem Kampf leider mit 29:32 (8:15).
Nach dem Auftaktsieg am vergangenen Sonntag gegen den TSV Altlandsberg war Dolphins- Coach Lothar Goldschmidt gezwungen, seine Mannschaft kräftig umzustellen. Das wurde dem Beobachter bereits klar, als er die sich aufwärmenden Delfine in der Sporthalle an der Reiferbahn sah: Gerade einmal zehn Damen hatte der RHC- Coach an Bord. Mit Neele Spiekermann, Nele Reimer, Katrin Horke und Lisa Goldschmidt fehlten vier Spielerinnen, die beim Heimsieg vor Wochenfrist auf der Platte gestanden hatten.
Die dünne Personaldecke und der Start der Partie ließen aus Rostocker Sicht nichts Gutes erahnen. Dass der Rostocker Trainer bereits nach fünf Minuten eine Auszeit nahm, um seine Mannschaft wachzurütteln, sprach Bände. Nach vorne wollte aufgrund von viel hektischem Aktionismus nichts gelingen, und auch hinten konnte man nicht von seriöser Abwehrarbeit sprechen. Beim Stand von 0:2 war man da noch gut bedient. Die Vorwürfe an das junge Rostocker Team für die folgenden 20 Minuten dürften dabei gar nicht so groß ausfallen. Man probierte viel, traf zugegeben einige falsche Entscheidungen, war aber vor allem im Abschluss viel zu ungefährlich.
Eine starke Anna Pöschel im Schweriner Tor und die dazugehörigen Pfosten machten es dem Rostocker HC fast unmöglich, zum Torerfolg zu kommen. In der 13. Minute traf Luise Scheele zum zweiten Mal. Da stand es 2:5. Dass auch die Gastgeberinnen nicht viel besser trafen und der RHC mit Annelie Freitag erneut einen starken Rückhalt hatte, darf nicht vergessen werden.
Doch nun begann Grün Weiß besser zu einzunetzen, nutzte Gegenzug um Gegenzug und führte nach etwas mehr als 26 Minuten mit 14:4. Worauf sich die Rostockerinnen auch in der neuen Spielzeit scheinbar verlassen können, ist ihre Moral. Bemerkenswert war es, wie sich weiter gegenseitig angefeuert wurde, und das sollte belohnt werden. Bis zur Pause verkürzte man auf 7:15. Victoria Schlegel verwandelte mit dem Pausenpfiff ihren ersten von drei Siebenmetern.
Dass „das letzte Rostocker Aufgebot“ sich noch lange nicht ergeben hatte, zeigte es ab dem Beginn von Durchgang 2. Durch eine deutlich verbesserte Wurfquote unterband man folgerichtig das Schweriner Umkehrspiel, das den RHC in der ersten Halbzeit noch so brachial überfahren hatte.
Beim 11:15 durch Victoria Schlegel nach 36 gespielten Minuten waren die Dolphins auf vier Tore herangekommen, doch der starke Schweriner Rückraum traf zu konstant, um den Rückstand aus Gäste- Sicht weiter zu verringern. Dennoch entwickelte die Partie eine Spannung, die man nach der klaren grün-weißen Führung der ersten 30 Minuten nicht mehr für möglich gehalten hätte. Die Partie gewann an Härte, wie man sie von einem Derby erwartet, ohne dabei unfair zu werden.
Und es wurde zum nahenden Feierabend auch noch spannend: Josephine Schulz, wie Franziska Steffen erstmals für die erste Frauenmannschaft vom RHC erfolgreich, verkürzte in der 56. Minute auf 25:27.
Aber die Gastgeber schlugen durch „die schnelle Mitte“ zurück. Die grandiose Aufholjagd hätte vielleicht noch von Erfolg gekrönt sein können, als die Dolphins die stärkste Schweriner Angreiferin beim Stand von 28:30 jedoch nicht stoppen konnten. Wendy Künzel (insgesamt 9 Tore) traf zur Entscheidung, obwohl bereits beim Anwurf der Arm der beiden guten Schiedsrichter aus Norderstedt gehoben war. So mussten sich die Damen des Rostocker HC nach einem starken Auftritt (leider nur) in den letzten 35 Minuten am Ende mit 29:32 geschlagen geben. Beim RHC waren Victoria Schlegel und Luise Scheele mit je 8 Toren die erfolgreichsten Werferinnen.
Beide Trainer lobten nach dem Spiel ihre Torhüter: „Wir haben hier heute ein starkes Torhüterduell gesehen“, so Gäste- Trainer Lothar Goldschmidt nach dem Spiel. Andreas Bartlau sprach nach dem Spiel von „einem Derby, wie man es sich wünscht“. Der Schweriner Trainer lobte sein Team für die erste Halbzeit, war aber mit dem zweiten Durchgang unzufrieden: „Wir haben in der zweiten Halbzeit zu viele Gegentore bekommen. Ich erwarte von einigen erfahrenen Spielerinnen in solchen Situationen, dass sie das Spiel beruhigen und Verantwortung übernehmen.“
Lothar Goldschmidt gratulierte seinem Gegenüber zunächst zu „einem verdienten Sieg“, wies aber im nächsten Satz darauf hin, wie zufrieden er mit der Moral seines Teams war: „Ich bin stolz auf meine Truppe, wie sie sich nach diesem Katastrophenstart in das Spiel gekämpft hat. Zu Beginn haben wir den Kopf in den Sand gesteckt, aber ich bin hochzufrieden mit der zweiten Hälfte.
Da konnte man dann auch wirklich von einem Derby sprechen. Die 10 Tore Differenz waren am Ende dann aber ein bisschen viel. Außerdem darf man unsere Personalsituation nicht vergessen. Wir sind heute hier mit 10 Mädels angetreten, und ich habe schon unsere B- Jugend angezapft“, so der Rostocker Trainer weiter.
Die Personaldecke des Rostocker HC erhielt zum Ende des Spiels einen weiteren Riss: Victoria Schlegel verletzte sich an der Schulter. Ihr Einsatz am kommenden Wochenende entscheidet sich im Laufe der Woche. Am Sonntag treffen die Damen des RHC im Heimspiel auf den SV Henstedt-Ulzburg. Anwurf in der Scandlines Arena ist um 17.00 Uhr.
Spielfilm aus Rostocker Sicht:
0:2 (5.), 1:5 (10.), 2:6 (15.), 3:10 (20.), 4:13 (25.), 8:15 (30.) – 10:15 (35.), 13:20 (40.), 17:22 (45.), 20:25 (50.), 24:27 (55.), 29:32 (60.)Siebenmeter:
RHC: 3/4, GW: 4/5Zeitstrafen:
RHC: 6 Minuten, GW: 6 MinutenSo spielte der Rostocker HC:
R. Quester, A. Freitag – F. Steffen (3), I. Duwe (4), C. Schallock (2), J. Schulz (1), S. Kordt (2), L. Scheele (8), J. Deinert (1), V. Schlegel (8/3)