Naturerleben. Naturbeherrschung. Naturerkenntnis. Diese Begriffe würden mit ihrem Physikunterricht wohl die wenigsten Schüler verbinden. Sie lernen es viel zu selten, das Fach als eine Wissenschaft von der Natur zu verstehen. Dabei würde ein direkter Blick in die Natur so manches physikalisches Phänomen erkennen lassen und verstehen helfen.
Professor Lutz-Helmut Schön von der Berliner Humboldt-Universität kommt am 19. Januar nach Rostock, um eine Physikstunde der etwas anderen Art zu halten. Unter dem Titel "Phänomen als Zugang zur Physik – Physikunterricht als ‚Erkenntnisbiographie‘“ wird der Didaktikexperte zeigen, wie bedeutsam es ist, physikalische Phänomene greifbar zu machen und wie viel einfacher sie dann zu verstehen sind.
In seiner Vorlesung im Audimax der Universität Rostock wird sich ab 15 Uhr alles um die Optik im physikalischen Sinne drehen. In einer Folge eindrucksvoller Freihandexperimente zeigt der 64-jährige Vater zweier Kinder überraschende Phänomene zu Licht und Schatten. Nachdem die Zuhörer die optischen Vorgänge auf sich wirken lassen konnten, erklärt Professor Schön sie schrittweise. „Theorien zum Anfassen, ohne sie zu vereinfachen“, lautet seine Prämisse.
„Physik sollte in direktem Bezug auf konkrete Phänomene gelehrt werden. Das erleichtert in jedem Falle das Verständnis“, sagt der gebürtige Braunschweiger, der 1996 nach Berlin berufen wurde. Zu oft würde physikalischen Erkenntnisse in Einzelteile zerlegt, eingegrenzt und aus dem Kontext gerissen werden. Meist kommen dann mathematische Gleichungen hinzu, die den jeweiligen Teilbereich zusätzlich schwer nachvollziehbar werden lassen.
„Doch Kinder und Jugendliche wollen nicht nur einen Teilausschnitt eines physikalischen Vorgangs erklärt bekommen, sondern einen ganzheitlichen Blick darauf erfahren.“
Gemäß seiner Philosophie sollte Physik in einer Art Stufenmodell gelehrt werden. Von der Grundschule bis zum Gymnasium gäbe es demnach drei Etappen, in denen Schüler alters-abhängig verschiedene Teilbereiche der Physik lernen. Naturerleben, Naturbeherrschung und Naturerkenntnis bildeten dann anhand von charakteristischen Beispielen den Rahmen.
„Wir müssen in der Schule weniger machen, das aber in Ruhe und tiefergehender. Auf diese Weise wird eher sichtbar, woher Physik Erkenntnisse bezieht und auf welchen Wegen dies passiert“, ist Schön überzeugt. Sprich: es muss mehr als nur Formeln vermittelt werden.
Organisiert wird die Vortrag von Professor Schön gemeinsam vom Arbeitskreis Wissen-schaft-Schule des Vereins [Rostock denkt 365°] und dem Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung der Universität Rostock. Der Arbeitskreis bietet alle zwei Monate allen mit Bildung Beschäftigten moderne Themen in einer Art Ringvorlesung.
Es werden Lehrer, Studenten, Mitarbeiter der Hochschulen und Schülerlabore sowie alle Interessierte eingeladen. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen unter www.rostock365.de.