„Niemand wird geboren, um einen anderen Menschen zu hassen. Menschen müssen zu hassen lernen und wenn sie zu hassen lernen können, dann kann ihnen auch gelehrt werden zu lieben. Denn Liebe empfindet das menschliche Herz viel natürlicher als ihr Gegenteil.“
– Nelson Mandela-
Ein Nachruf von OLIVER DÖHRING
Wer Nelson Mandela vom Namen her war, wusste ich als „Kind des Ostens“ seit meinen ersten Schultagen. Das Gesellschaftssystem der DDR trug Nelson Mandela nur zu gerne vor sich her. Mit scheinheiligen Solidaritätsbekundungen, die wohl eher vom eigenen ‚unfreiheitlichen Makel‘ ablenken sollten.
Wer Nelson Mandela tatsächlich war, begriff ich erst als junger Mann. In einer Zeit, 1988, in der ich auch noch mit den herrlichen, pheromongeladenen Wirren eines pubertierenden Jugendlichen klar kommen musste. Aber auch in einer Zeit, die nicht umsonst „rebellische Jugend“ genannt wird.
Es war das Konzert zu seinem 70. Geburtstag im Londoner Wembleystadion (Juli 1988), es waren all meine Rock- und Pop-Stars, die Nelson Mandela erst wirklich in meinen Fokus rückten.
Es war der unglaubliche Auftritt der bis dahin völlig unbekannten Tracy Chapman („Talking about a Revolution“) der eine tiefe innere Frage aufkommen ließ: Warum engagieren DIE sich so stark für diesen Mann aus Südafrika?
Von da an interessierte ich mich in einer ehrlichen Form für Nelson Mandela und nicht mehr, weil ich es musste.
In der damaligen Zeit überschlugen sich die Ereignisse. 1988 brodelte es in der DDR, in Leipzig erwachte die „Freiheitsbewegung“. Schon ein Jahr später kippte das komplette System, dass mit Gorbatschow den Weg in die Freiheit suchte und fand.
Was für eine Zeit: Ost und West waren keine Feinde mehr! Die Mauer wurde eingerissen! Landsleute lagen sich in den Armen!
Und dann kam dieser 11. Februar 1990. Ich erinnere mich an jeden Moment. Es ging wie ein Lauffeuer durch die Redaktionsräume und wir versammelten uns vor dem Fernseher in der Chefredaktion. Wir warteten auf die Livebilder aus Südarfika.
Ein paar Stunden zuvor trat der damalige südafrikanische Regierungschef William F. de Klerk vor sein Parlament und verkündete das unglaubliche:
„Die Regierung hat beschlossen, Herrn Nelson Mandela bedingungslos freizulassen!“
Nach 27 Jahren: frei!
Gestandene Männer hatten Tränen in den Augen, als Nelson Mandela, begleitet von seiner Frau Winnie, aus dem Gefängnis kam. Was für wundervolle und unglaubliche Bilder!
Ist es nicht so? In der damaligen Zeit hatten wir alle das Gefühl: Jetzt wird alles gut! Wir bauen uns eine glückliche Welt! Wir sind alle frei! Alles wird gut!
Wenig später wurde Nelson Mandela der erste schwarze Präsident Südafrikas und ein hochgeachteter Mann weltweit. Kaum ein Regierungschef dieser Welt, der ihm nicht die Hand schüttelte und ihn würdigte.
Aber haben sie ihm tatsächlich zugehört?
Es verging nicht mal ein Jahrzehnt und wieder fanden entsetzliche Kriege statt. Gier und Machtgier kamen zurück. Hass auf andere Rassen, Hass auf andere Religionen und Hass auf die andere Meinung!
Nelson Mandela hat dem immer die Stirn geboten, auch – und gerade – in seinen Jahren als Regierungschef. Er ist damit, wie es Bob Geldorf gestern sagte, „zum friedlichsten Menschen dieser Welt“ geworden.
Und jeder, der Mandela heute im tiefsten Inneren eine Ehre erweisen will, sollte vielleicht folgendes tun: Überprüfe sich jeder ob er selbst tolerant gegenüber einer anderen Hautfarbe, einer anderen Religion, einer anderen Art zu Leben oder einer anderen politischen Meinung ist. Begreife jeder, dass ohne den Begriff „Freiheit“, keiner von uns auch nur seine Meinung sagen dürfte.
DIESE FREIHEIT, die sich Nelson Mandela auch in 27 Jahren Gefangenschaft nicht nehmen ließ. DIESE FREIHEIT, ist das größte Gut, das wir haben!
Die aus ihr erwachsende Toleranz führt einen täglichen Kampf gegen Intoleranz! Prüft selbst, wo Ihr steht!
Madiba (Väterchen), so wurde Nelson Mandela liebe- und respektvoll von seinem Stamm der Xhosa genannt. Der Ort an dem Madiba lebte hieß „Erde“.
„Der friedlichste Mensch dieser Erde ist von uns gegangen!“
Leb wohl Madiba
Sven
17. Dezember 2013 um 20:24
Das ist ein sehr treffender Nachruf auf Tata Madiba! Viele Stationen (Schule/Tracy/Wendezeit) habe ich genau so in Erinnerung und empfunden, auch die Aussagen (Freiheit/Menschlichkeit) sind nicht zu vergessen.
Dank an den Autor!