Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) wurde am Wochenende bei einem Fahrrad-Ausflug mit seiner Frau Ivonne und dessen gemeinsamen Sohn von einem Auto angefahren und leicht verletzt.
Von OLIVER DÖHRING
Die drei waren auf einer Landstraße in der Nähe von Rostock unterwegs. Zunächst kam es zum Streit, als der Mercedes eines 69 Jahre alten Rentners an der Familie vorbeifuhr.
NUN WIRD EIN HARMLOSER FAHRRADSTURZ ZUM SKURRILEN JUSTIZ-KRIMI!
Denn: Der Unfallverursacher soll nämlich Anzeige gegen Minister Backhaus erstattet haben. Grund: Er habe ihn geschlagen! Sein Anwalt Peter-Michael Diestel erklärte, dass Backhaus nach einem Wortwechsel auf der Landstraße handgreiflich geworden sein soll.
Diese Vorwürfe weist Backhaus nun zurück. Sie seien niederträchtig, erklärte der Minister. Er habe „den Mann definitiv nicht geschlagen“, zitiert ihn der NDR.
Till Backhaus Anwalt erklärte in einem Schreiben, das dem ROSTOCKER JOURNAL vorliegt:
„Herr Dr. Backhaus – getrieben insbesondere von der Sorge, dass bei den ungestümen Fluchtversuchen des Kraftfahrzeugführers insbesondere auch nunmehr der Kinderanhänger würde touchiert werden können – ergriff den Kraftfahrzeugführer am Hemd und forderte diesen auf, den Schlüssel des Kraftfahrzeuges abzuziehen und das Fahrzeug abzustellen, bis die Polizei am Ort des Geschehens eintreffen würde.“
WAS IST DORT WIRKLICH PASSIERT?
Hätte Landwirtschaftsminister Till Backhaus gewusst wie sein Fahrradausflug mit Familie ausgeht, er wäre wohl zu Hause geblieben…
Fakt ist, der Minister liegt mit lädiertem Bein krankgeschrieben zu Hause. Und es gibt einen Unfallgegner, der ein paar Tage später behauptet er sei vom Minister „auf den Kiefer“ geschlagen worden und deswegen in der Klinik gewesen.
Am interessantesten an der Posse ist die Tatsache, wer sich da plötzlichen (wieder) zu Wort meldet: kein geringerer als der selbsternannte „Staranwalt“ Dr. Peter-Michael Diestel!
Und Diestel wäre nicht „Medienprofi und Staranwalt“, wenn er sich nicht mit markigen Sprüchen melden würde: „Wir haben gegen Herrn Backhaus Strafanzeige wegen Tätlichkeit gestellt. Wir hoffen auf die Justiz, weil auch für Minister die allgemeinen Regeln gelten.“
Das macht glauben, wird Herr Backhaus nicht im Sinne von Herrn Diestel verurteilt, werden die allgemeinen Regeln gebrochen. Er versteht eben das Geschäft mit den Medien. Wenn auch in der Vergangenheit einige Dinge in die Hose gingen…
WER IST DER MANN, DER GEGEN DEN MINISTER VOR GERICHT ZIEHEN WILL?
Beginnen wir zunächst damit wie Diestel zu einigen seiner Klienten kommt. Wittert er nämlich breite Publicity, setzt er sich schon mal selbst in Bewegung.
Rückblende: Kaum war am 29. Mai 2012 die Meldung in den Medien, der Radiomoderator Marcus Japke sei verhaftet, wer machte sich sofort auf den Weg, um Japke als Klienten zu gewinnen? Dr. Peter-Michael Diestel!
Wohlgemerkt, nicht Marcus Japke bemühte sich um den Anwalt, sondern der Anwalt wollte den Klienten. Warum? Die Ermittlungen um Japke garantierten Medienaufmerksamkeit. Und genau die scheint Diestel zu suchen.
Interessant ist auch ein Fall, den dieses NDR-Video dokumentiert.
„Von diesem Termin sollte eigentlich niemand erfahren.“ – Wer hat wohl den NDR zum Termin (von dem eigentlich niemand erfahren sollte) eingeladen? Das Kamerateam jedenfalls wird mit einem fröhlichen „Halli hallo!“ von Diestel begrüßt.
Ohne Diestels Aussagen in diesem Beitrag zu bewerten: Es waren wohl seine fortgesetzten Presseauftritte, die Japke die Reißleine ziehen ließ. Stimmen die Gerüchte, knirschte es schon frühzeitig im Team der Japke-Verteidiger. Wärend sich Anwalt Wendorff um eine seriöse Verteidigung Japkes bemühte, übte sich Anwalt Diestel dem Anschein nach vornehmlich in Selbstdarstellung, was er selbst freilich als notwendige Öffentlichkeitsarbeit sieht.
Nur für wen? Als Japke ihn feuerte, reagierte Anwalt Diestel in der schreibenden Presse unter anderem mit den Worten „Ich bin froh, dass die Probleme Marcus Japkes nicht mehr meine Probleme sind!“ Für einen Anwalt eine bemerkenswerte Aussage.
Im Jahr 2007 trennte sich Radprofi Jan Ulrich ebenfalls wegen „eigenartiger“ Medienauftritte von Anwalt Diestel. Damals war es ein, sagen wir mal „missglückter“ Auftritt im ZDF Morgenmagazin. Um der Gegenrede von Herrn Diestel gleich vorzubeugen: Auch hier sieht er es natürlich anders und beschreibt es selbst mit „Meinungsverschiedenheiten mit dem Mandanten“.
Nachdem am Sonntagabend und Montag in den Medien breit vom „Backhaus‘ Unfall“ berichtet wurde, soll sich Diestel nach Informationen des ROSTOCKER JOURNALS die Kontaktdaten des Unfallgegners von der Polizei besorgt haben.
„Staranwalt“ Diestel (übrigens CDU) wird sich heute Abend zum Fall Backhaus (übrigens SPD) im „Nordmagazin“ äußern.
Ich wünsche gute Unterhaltung!
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