Wenn man etwas von Castortransporten und den damit einhergehenden Protesten hört, so fällt einem unweigerlich ein Ort sofort ein: Gorleben. Doch dies ist nicht das Einzige in Betrieb befindliche Zwischenlager. Auch in Mecklenburg-Vorpommern, genauer in der Gemeinde Rubenow bei Lubmin, im Kreis Ostvorpommern, steht ein Zwischenlager und zu eben diesem wird in diesem Jahr noch ein Castortransport erfolgen, zu dem ebenfalls mit massiven Protesten gerechnet wird.
Doch wie kam es überhaupt dazu, dass dort in nächster Nähe zur Hansestadt Greifswald ein Atommüllzwischenlager entstand? Wenn wir einen Blick zurück wagen, so sehen wir, dass sich an diesem Ort vor nicht allzu langer Zeit noch ein Atomkraftwerk befand, welches im Auftrag der DDR-Regierung in den Jahren 1968 bis 1979 entstand und 10% des gesamten Energieverbrauchs der DDR abdeckte. Eigentlich war es sogar geplant das Kraftwerk in den achtziger und neunziger Jahren noch weiter auszubauen, allerdings gab es dann schon im Jahre 1989 massive Proteste woraufhin der weitere Ausbau des AKWs gestoppt und das Atomkraftwerk 1995 abgeschaltet wurde. Der komplette Abbau des Kraftwerks soll bis 2012 fertiggestellt sein.
In Folge dieser Entwicklungen wurde bereits 1992 der Bau des ›Zwischenlagers Nord‹, so der Name des Atommüllzwischenlagers, beantragt und mit Baukosten von 240 Millionen Euro, schließlich 1997 fertiggestellt. Geplant wurde dieses Zwischenlager zu dem Zeitpunkt ausschließlich für die ostdeutschen AKWs in Lubmin und Rheinsberg, das im Norden Brandenburgs liegt und bereits 1990 vom Netz ging.
Radioaktiver Müll aus Westdeutschland und Frankreich
Nun soll aber auch radioaktiver Müll aus Westdeutschland und Frankreich im Zwischenlager Nord angeliefert und gelagert werden. Dies wurde im Jahre 2007 von den Energiewerken Nord, deren alleiniger Gesellschafter wiederum das Bundesfinanzministerium ist, laut bereit gestellten Informationen des Bundesamtes für Strahlenschutz, beantragt.
Nach Angaben des Landesinnenministeriums unter Lorenz Caffier (CDU) fand die große Verzögerung beim Genehmigen der Transporte auf Grund der Verweigerung durch den damaligen Umweltminister Wolfgang Methling (Linke) und den daraus resultierenden Rechtsstreit statt. Dieser (so Caffier in einer Pressemitteilung) kostete dem Land eine halbe Million Euro, sowie weitere 4,7 Millionen Euro Schadensersatz an den Betreiber des Zwischenlagers, den Energiewerken Nord. Die Entscheidungskompetenz über Atommülltransporte liegt, laut dem Innenminister, auch allein bei beim Bundesamt für Strahlenschutz und die Landesregierung habe aus diesem Grund keinen Einfluss auf die Transporte.
Zwei Transporte, der erste voraussichtlich bereits am 15. Dezember
Konkret sind bisher genau zwei Transporte geplant. Zum einen soll ein Transport aus der Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe (Gebiet Oberrhein in Baden-Württemberg), die ebenfalls, wie auch das Zwischenlager Nord dem Unternehmen Energiewerke Nord gehört, erfolgen. Dieser hat allerdings eine Genehmigung bis zum 30.06.2011 und wird vermutlich erst im nächsten Jahr stattfinden.
Zum anderen wird ein Transport aus dem südfranzösischen Cadarache erfolgen, der noch in diesem Jahr rollen muss. Auch das Datum scheint nun klar. Der Zug soll am 15. Dezember Cadarache verlassen und wird voraussichtlich am 16. Dezember Lubmin erreichen. Der radioaktive Müll, der in diesen Castoren geliefert werden soll, stammt ursprünglich aus westdeutschen Forschungsanlagen. Warum dieser allerdings durch ganz Deutschland gefahren werden muss, bleibt offen. Unter den Aktivisten gibt es Spekulationen, dass dies schlicht daran liege, dass die zuständigen Behörden im dünn besiedelten Vorpommern mit dem geringsten Widerstand rechnen, da die Anti-Atom-Bewegung im Osten der Bundesrepublik weit schwächer ist, als in den alten Bundesländern in denen diese schon seit Jahrzehnten existiert.
Massiver Widerstand und Proteste kündigen sich allerdings an. So werden, neben geplanten Klagen durch die Oppositionsparteien, auch Großdemonstrationen, Blockaden und andere vielfältige Aktionen erwartet. So musste beispielsweise auch schon das Spiel vom F.C. Hansa Rostock gegen Rot-Weiß Erfurt, das am 12.12.2010 stattfinden sollte, verschoben werden, da die Polizeibeamten zur Sicherung eines Castors, der möglicherweise der nach Lubmin sein könnte, beordert werden und so nicht genügend Polizisten für die Absicherung des Spiels zur Verfügung stehen werden. Ob wir allerdings ein zweites Wendland mit breiten, aufmerksamkeitserregenden und aus Sicht der Atomkraftgegner erfolgreichen Protesten erleben werden, bleibt abzuwarten.