Streit um SPD-Veranstaltung an Uni

Riesen-Ärger um eine gemeinsame Veranstaltung der SPD-Landtagsfraktion und der Universität Rostock – zu der sogar der Rektor in einem Grußwort einlädt. Wissenschaftliche Unausgewogenheit und zu große Nähe zur Politik wird der Hochschule vorgeworfen. Auf der heutigen Fachtagung soll die Finanzpolitik und der Schuldenabbau Mecklenburg-Vorpommerns von 1998 bis 2010 bilanziert werden. Brisant: Es ist der Zeitraum, in dem die SPD den Ministerpräsidenten stellte.

»Es wird in jedem Fall eine kritische Betrachtung geben«, erklärt Rudolf Borchert, der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion und Organisator der Tagung. Außerdem sollen die Rahmenbedingungen für die Finanzpolitik im Land für die nächsten zehn Jahre bewertet werden. »Wir wollen mit den Erkenntnissen der Wissenschaftler einen Mehrwert aus der Tagung ziehen.«

Doch in der letzten Sitzung des Senats der Universität wurde die fehlende Neutralität der Tagung bemängelt. Mit Professor Thomas Lenk von der Uni Leipzig und Professor Robert Fenge von der Uni Rostock wurden zwar zwei Finanzwissenschaftler eingeladen, doch neben ihnen werden mit der Finanzministerin Heike Polzin sowie dem Präsidenten des Landesrechnungshofs, Tilmann Schweisfurth, zwei Referenten von der SPD sprechen.

Der wissenschaftliche Anspruch sei durch die Auswahl der Referenten und der Vortragsthemen gewährleistet, versichert Christin Nölting, von der Uni-Pressestelle. Auch Finanzwissenschaftler Fenge hält die Vorwürfen für haltlos. »Mein Vortrag ist völlig unabhängig von SPD-Positionen und ich bin auch nicht SPD-Mitglied.« Seine Analysen und Handlungsempfehlungen würden auf objektivierbaren Argumenten basieren, erklärt Fenge.

Regelmäßig gäbe es Veranstaltungen mit Landtagsabgeordneten erklärt die Uni Rostock. Zudem würde es sich bei der Fachtagung laut Nölting um eine gemeinsame Veranstaltung mit einer Landtagsfraktion handeln, nicht mit einer Partei.

Solche Kooperationen stellt Paul Wutschke, der Referent für politische Bildung der Rostocker Studentenvertretung, jedoch generell in Frage. »Fraktionen setzen immer eine Partei voraus und dadurch ist diese Veranstaltung absolut unausgeglichen und darf theoretisch nicht stattfinden.« Die Studentenvertretung sieht sich zudem ungerecht behandelt. »Wenn die Universität solche Maßstäbe an unsere Projekte stellt, dann muss sie sich auch selbst danach richten«, sagt Johannes Krause, der Präsident des Studentenrats der Uni Rostock.

Eines der relevantesten Themen, die Kürzungspolitik der SPD-geführten Regierung gegenüber der Universität Rostock, wird laut Organisator Borchert wohl nur am Rande thematisiert werden. In die Regierungszeit der Sozialdemokraten fallen die Schließung der Rechtswissenschaft sowie der Abbau von 300 Personalstellen an der Universität Rostock. Borchert rechnet dazu aber mit Fragen in der geplante Podiumsdiskussion im zweiten Teil der Tagung. Hierdurch bestünde die Möglichkeit für das Publikum mit den Referenten kritisch zu diskutieren.

Eine gute wissenschaftliche Praxis würde auch dadurch nicht gewahrt, bemängelt Johannes Saalfeld, Geschäftsführer der Grünen in Rostock. Der ehemalige studentische Prorektor fordert die Universitätsleitung dazu auf, die Veranstaltung aus den Räumlichkeiten der Hochschule zu verlegen. »Ansonsten mache sie sich verdächtig, knapp fünf Monate vor der Landtagswahl Wahlkampfhilfe zu leisten.«

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