Und wer zahlt jetzt die Zeche?

Die Studentenvertretung der Universität Rostock erhöht ihren Anteil am Semesterbeitrag von fünf auf sieben Euro. Finanzielle Probleme zwingen zu einer Neuorientierung in der Finanzpolitik.

Geldpolitik bestimmt die Nachrichten. Das ist in der Studentenvertretung der Universität Rostock momentan nicht anders. Kaum neu gewählt, winken schon die ersten großen Herausforderungen. Der neue Haushalt überlastet das finanzielle Budget der studentischen Vertreter. Aus diesem Grund gab der Studentenrat (StuRa) bereits am 17. November 2010 grünes Licht für die Erhöhung des Semesterbeitrages um zwei Euro. Damit erhalten die Studentenvertreter der Universität Rostock im nächsten Semester nun sieben Euro pro Student. Eine Entscheidung, die kaum zu fröhlichen Gemütern bei den Studenten führen wird.

Dabei war bis vor kurzem an Beitragserhöhungen nicht im Entferntesten zu denken. Bis 2007 betrugen die Rücklagen im Stura-Haushalt noch rund 100.000 Euro. Dann prüfte der Landesrechnungshof die Finanzen und mahnte eine massive Reduzierung der Ersparnisse an. Neue Projekte fördern und bestehende ausbauen, das war der Plan. Die Förderungssummen der Kulturveranstaltungen an der Universität stiegen dabei auf bis zu 15.000 Euro im Jahr an. Auch das Team des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) wurde um mehrere Referenten vergrößert. Die finanziellen Mittel ermöglichten die Erneuerung des Büros und einen eigenen Kicker-Tisch. Seit 2009 konnte sogar ein Babysitter für die Kinder der StuRa-Mitglieder zur Verfügung gestellt werden. Das finanzielle Polster ermöglichte und zwang teils zu übermäßigen Ausgaben. Die Rücklagen sanken auf rund 30.000 Euro.

Doch nun droht dem StuRa/AStA die Zahlungsunfähigkeit. Der neue Haushalt sollte rund 64.000 Euro mehr kosten, als in der Kasse war. Geld, das die Studentenvertretung nicht hat. Denn Projekte, die aufgrund des Finanzpolsters entstanden und gefördert wurden, will man nicht so einfach einstampfen, doch übersteigen deren Förderungen die derzeitigen finanziellen Möglichkeiten.

Und damit nicht genug, steht die Studentenvertretung auch noch vor einer ganz anderen finanziellen Herausforderung: Seit 2003 versäumte man die Zahlung von Sozialabgaben und Lohnsteuer für die Mitarbeiter des AStA, die nun fällig werden. Dies kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt und belastet den ohnehin schon angeschlagen Haushalt noch mehr. Die Summe die nun als Nachzahlung auf die Studierendenschaft zukommt wird intern als das ›Schwarze Loch‹ bezeichnet, da die Vorstellungen über die Höhe der Nachzahlungen momentan noch rein spekulativ sind.

Was ist also nun zu tun? Anfangs wurde versucht, den Haushalt projektbezogen durch Sponsoren aufzuhübschen. »Allerdings scheiterte der Versuch trotz zweier extra dafür eingestellter studentischer Mitarbeiter«, erklärt Daniel Karstädt, langjähriger AStA-Referent für Kultur. Für den jetzigen AStA-Vorsitzenden Christian Berntsen (30) war »die Annahme, große Teile der Ausgaben mit Sponsoring zu decken, mehr als illusorisch«.

Will man also das Finanzloch stopfen, müssen dringend Gelder her. Deshalb wird nun in die Taschen der Studenten gegriffen. Die Einnahmen würden durch die Erhöhung der Semesterbeiträge aber gerade einmal 55.000 Euro der Differenz decken.

Das zwingt die Studierendenvertretung unweigerlich zu eigenen, zum Teil fragwürdigen, Sparmaßnahmen. So wurden in den letzten Wahlperioden Referate wie beispielsweise das für Sport, Gesundheit und Kultur mit anderen Referaten zusammengelegt. Die gesparten Gelder wurden dann jedoch wieder in Form von Mitarbeiterstellen zur Entlastung der – logischerweise überarbeiteten – Doppelreferate investiert. Komplett abgeschafft bereits das Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Ob diese Entscheidung gut durchdacht war, darüber lässt sich streiten. Zumal das öffentliche Bild der studentischen Vertreter durch beispielsweise spurlos verschwundene Gelder und vernachlässigter Öffentlichkeitsarbeit ohnehin schon stark angekratzt ist.

Damit in Zukunft die Öffentlichkeitsarbeit nicht völlig ausgeklammert wird, legt der StuRa im Bereich der studentischen Medien kräftig zu. Das StuRa-finanzierte Print-Magazin »heuler« stockte seinen Haushalt bereits im Jahr 2010 mit Hilfe eines Nachtragshaushaltes um 7.120 Euro im Vergleich zu 2009 auf. Auch 2011 wird dort nicht wirklich eingespart. Er liegt immer noch 4.232 Euro über dem Niveau von 2009 – und über dem geplanten Ausgabentopf von 2010. Allerdings muss er dafür auch 4.000 Euro mehr an Anzeigenerlösen gegenüber 2009 erwirtschaften. Dazu leistet sich der StuRa die neu gegründete »Campusredaktion«, ein Internetseite für aktuelle Berichterstattung. Entwicklungskosten für 2010: 2.100 Euro. Für 2011 wurden vorläufig weitere 6.620 Euro bereitgestellt.

Von großen Unternehmungen muss die Studentenvertretung in der nächsten Zeit wohl eher Abstand nehmen. Die Sparpolitik bestimmt den Kurs. Gerne hätte das Gremium das derzeitige Angebot so gelassen oder im Idealfall noch ausgebaut. Doch selbst mit Beitragserhöhungen und eigenen finanziellen Einsparungen kommt die Studentenvertretung um eine Reduzierung der von ihr geförderten Programme nicht herum. Die Studenten der Universität werden damit im nächsten Jahr auf die »Campusexplosion« verzichten müssen. Die Veranstaltung belastete die Haushaltskasse mit 7.000 Euro. Das Geld wird an anderen Stellen nun dringender gebraucht. Die Kulturwochen blieben von den Sparmaßnahmen weitgehend verschont.

Trotz der momentan schlechten finanziellen Möglichkeiten, hoffen die studentischen Vertreter die Beitragserhöhungen bereits nach einem Jahr wieder zurücknehmen zu können. Wie und in welchem Umfang sich dann die Arbeit von StuRa und AStA gestalten wird, ist momentan noch völlig offen. Unangenehme Fragen müssen sich die Vertreter bereits jetzt stellen lassen: Hat sich die Studentenvertretung in den letzten Jahren in der Finanzpolitik blauäugig verschätzt? Und wie konnte sie  über einen so langen Zeitraum versäumen, Lohnsteuer und Sozialabgaben zu zahlen? Wird am falschen Ende gespart?

Es sollte jetzt im Interesse des neuen StuRa und AStA liegen, reinen Tisch zu machen, um die Aufmerksamkeit und das Vertrauen in ihre Arbeit bei den Studenten wiederzuerlangen. Die sind bei den Studenten nämlich gehörig in den Keller gesunken – nur acht Prozent gingen zur Wahl.

Kommentar: Nur noch Selbstverwaltung

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