SÜDSTADT. Die Uni Rostock ist einer von drei Besitzern eines neuen, superauflösenden Mikroskops. Wissenschaftler am RTC wollen die besonderen Funktionen des Gerätes nutzen, um Genmodifikationen voranzutreiben.
Einzigartig in Europa. Das kann das neue Mikroskop an der Universität Rostock von sich behaupten. Im Mai diesen Jahres wurde es am Referenz- und Translationszentrum für kardiale Stammzelltherapie (RTC) installiert. Damit lassen sich zellinterne Vorgänge besser beobachten und beschreiben. Man erhofft sich dadurch neue Erkenntnisse, von denen die Uniklinik profitieren kann.
Viele Herzinfarkte werden am Klinikum für Herzchirurgie behandelt, wie überall. Um diesen und anderen Patienten mit Herzkrankheiten helfen zu können, müssen Therapien entdeckt und anschließend ausführlich erprobt werden. Die Anfänge finden im Labor statt. Auch die Forschung von Prof. Dr. Steinhoff und seinem Team befasst sich mit der Wirkungsweise, der Sicherheit und der Weiterentwicklung von Stammzelltherapien gegen Herzerkrankungen.
»Wir betreiben hier im Labor die Grundlagenforschung«, erzählt Evgenya Delyagina, Pharmaziestudentin aus St. Petersburg, die an der Uniklinik ihre Doktorarbeit schreibt. »Dabei suchen wir nach einer neuen Methode, wie wir Stammzellen genetisch modifizieren können.« Viele Forscher verpacken Gene in einen Virus, um sie so von A nach B zu transportieren, sprich, in die Zellen oder ins Gewebe. Delyagina und die anderen Forscher möchten den Transport allerdings non-viral, also ohne Viren durchführen. Außerdem arbeitet sie bevorzugt mit Stammzellen. Denn diese sind bei Transplantationen hilfreicher und stellen nützliche Proteine her. Die Zellen sollen etwa auch eine größere therapeutische Wirksamkeit oder längere Lebensdauer nach der Transplantation aufweisen.
Herauszufinden erhofft sich die Doktorandin einiges. Grob gesagt, möchte sie mit dem neuen Mikroskop die Mechanismen einer genetischen Modifikation beobachten. Denn die Einschleusung des Genmaterials erfolgt über eine neuartige Methode, deren Mechanismus noch nicht vollständig aufgeklärt ist. Wie werden die Gene transportiert, wie nehmen Zellen Nanopartikel auf und wie genau wird die DNA eigentlich von den Nanopartikeln freigesetzt um in den Nukleus, den Zellkern, zu gelangen? Außerdem ist noch nicht bekannt, ob die veränderte Zelle unerwarteten Nebeneffekten ausgesetzt ist.
Eine große Hilfe dabei ist das neue hochauflösende Mikroskop der Serie ELYRA PS.1 von Carl Zeiss. Das High-Tech-Gerät bietet eine ganze Reihe an besonderen Eigenschaften, die die Forschungsarbeit deutlich vereinfachen. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Das neue Mikroskop vereint einzigartig eine Reihe an Sonderfunktionen wie eine Strukturierte Beleuchtung (SR-SIM) und die Photoaktivierte Lokalisations Mikroskopie (PALM), die in der Fluoreszenzmikroskopie bisher nicht erreichbare Auflösungen gestatten. Mit SR-SIM (Superresolution Structured Illumination Microscopy) wird eine Verdoppelung der Auflösung konventioneller Fluoreszenzmikroskope erreicht. So ist eine Lokalisationsgenauigkeit von 100 anstatt 200 Nanometern möglich. Das bedeutet, dass zwei Punkte, die 100 nm voneinander entfernt sind, auch noch als zwei einzelne Punkte wahrgenommen werden. Bei einer kleineren Distanz verschmelzen sie zu einem Fleck.
Bei PALM (Photoactivated Localization Microscopy) sind zum Beispiel mittels schaltbarer fluoreszierender Proteine sogar Lokalisationsgenauigkeiten von bis zu zehn Nanometern möglich. Das war bisher nur mit Elektronenmikroskopen möglich. Allerdings konnte man dort die Zellen nicht fluoreszieren lassen, was Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Zellbestandteile mit sich bringen kann.
Ein weiteres Feature des Modells ist das LSM 780, das modernste und leistungsfähigste Laser-Scanning-Mikroskop von Carl Zeiss. Dieses schneidet die Zellen mit dem Laser in hauchdünne optische Schichten, die anschließend einzeln betrachtet werden können. Und obwohl das ELYRA-Mikroskop eine Vielzahl an Funktionen hat, bedarf es keiner besonderen Vorbereitung der Zellen, um mit SR-SIM und LSM zu arbeiten. »Die Präparate müssen nur so vorbereitet werden, wie es auch für herkömmliche fluoriszierende Mikroskope üblich ist. Das ist schon ein enormer Vorteil«, sagt Delyagina. Im Allgemeinen sei das Gerät außerdem sehr einfach zu handhaben und nutzerfreundlich.
Doch trotz aller High-Tech-Spielereien sollte man stets mitdenken, davon ist sie überzeugt: »Man muss immer wissen, was man sehen möchte. Sich nur zu freuen, dass man schöne Bilder bekommt, ohne den Nutzen dahinter zu sehen – davon hat keiner was.«
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