Von Steffen Huth
Ich weiß nicht, ob ich einen besten Freund habe. Ich bin aber davon ausgegangen, dass es René Wiggers ist. Immerhin habe ich ihm das gesagt und er hat es hingenommen und nichts gesagt. Bestimmt weil er so viele „beste Freunde“ hatte. Also, ich hatte nur den einen. Ich habe ihn eine Freundschaft lang geprüft, ob er wirklich der Beste ist. Er hat es hingenommen und gesagt: „Dat is Mütze, so is er halt.“ Danach dieses Lachen, was gleich andere angesteckt hat.
Ich verpasste ihm den Namen Wiggi. Er hat es hingenommen und es zu seiner Marke gemacht. Heute sagen viele Wiggi und denken an einen großen, dicken, warmen Menschen, dem der Schalk aus den Augen blickt.
Ich prüfte weiter und schrieb in einer Bierlaune meinen Namen an seine Küchentapete, nachdem meine Susi meine Größe festgestellt hat. Er nahm es hin und machte eine „Wall of Fame“ daraus. Heute sind alle stolz, die an diesem Stück Küchentapete stehen. Es ist Wiggis „Wall of Best Friends“.
René Wiggers wurde 57 Jahre alt. Foto: SANDY REICHEL
Meine Susi hat sich mit ihm gestritten. Das war ungewöhnlich, denn sonst stritt ich mit ihm. Es ging um die Schule Rerik. Ergebnis des Streits: Nach Streichung des Schulstandortes Rerik war Wiggi Mitbegründer – und Susi knapp 5 Jahre Vereinsvorsitzende des Trägervereins. Heute hat Rerik eine Schule, so als ob nichts gewesen wäre.
Als ich 26 Jahre alt war, lernte ich Wiggi kennen. Ich glaube, zuerst wusste er nichts mit mir anzufangen. Ich mit ihm schon. Mit ihm konnte man sich stundenlang über Ostrock unterhalten. „1973 war ich bei Renft auf dem Alex“, sagte er. 2012 standen wir in Schmadebeck Arm in Arm vor der Renft-Bühne im Wettstreit, wer lauter singt.
Die Musik war immer ein Bestandteil unserer Freundschaft. Genauso wie Gundermann. Wiggi war völlig verstört beim Tode von Gundermann. Klar kannte ich als Ostrockfan auch den „Baggerfahrer mit dem Texttalent“, doch Wiggi gab mir zwei Dokumentationen über „Gundi“ mit. Danach wurde ich Mitglied im Gundermannverein. Über Sinn und Unsinn meiner Aktion stritten wir uns bei uns am Lagerfeuer mehrere Male, bevor eine meiner Töchter ihren Recorder spendierte und wir bis in die Nacht Gundermannlieder sangen.
Den Begriff „Roggow Roll“ prägte Christian Haase, einer von Wiggis Helden. Doch Rene füllte den Begriff mit Leben. Ich bin hier nach Roggow an den „Arsch der Welt“ gezogen, um meine Ruhe zu haben, aber der „Herr Wiggers“ kam immer mit neuen Ideen, mit neuen Freunden und mit einer gewissen Unruhe daher. So wurde ich auch ein Roggow-Roller und habe heute viele Wiggi-Freunde.
Wiggers war Initiator des Reriker Liedersommers. Foto: SANDY REICHEL
Dann seine Schwachsinnsidee mit dem Liedersommer am Reriker Strand. Dort, wo das Wetter am unwirtlichsten ist, kommt ‚der Herr‘ auf die Idee, eine Bühne aufzustellen und Lieder mit „Herz und Hirn“ wie er sagte, zu spielen. Was draus geworden ist, kann man heute sehen und u.a. bei Facebook nachlesen. Wir vom Orga-Team und die Kurverwaltung werden diese Veranstaltung weitertragen, egal welche Namen sich hinter Orga-Team und Kurverwaltung irgendwann einmal verstecken.
Es gibt noch viel zu berichten über Wiggi, dies war nur ein kleiner Ausschnitt von Susi und mir.
Wir weinen ihm jede Träne nach und wenn wir uns dann irgendwann wiedersehen, werde ich ihn erst einmal zur Rede stellen, was diese Aktion an diesem unsäglichen Samstag sollte. Dann werden wir uns wieder streiten, er wird’s hinnehmen und seine eigene Legende daraus machen. Danach trinken wir Wein und singen Gundermann, Haase Renft u.a. Sachen… Bis er dann wieder eine Idee hat …
René Wiggert verstarb im Alter von nur 57 Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes. Er wurde letzten Samstag am Strand von Hohen Wieschendorf leblos aufgefunden.
Pingback: Gedenkkonzert für René Wiggers | Rostocker Journal